Sonntag, 30. Mai 2010

Keine Zukunft...für Euch! Nicht für uns!

d.i.y- Hardcore/ Punk ist tot? Niemals!

„Was Spießer und andere Konkursverwalter nie begriffen haben: „No future“ galt ihnen nicht uns. Als wir die Schallmauer durchbrochen hatten, glaubten sie, für uns eine Haufen Särge bestellen zu müssen und lagen doch selbst darin. Meinste Punk, meinste Hardcore, meinste Grindcore: das Ende und die Vernichtung haben wir doch immer nur beschworen, um zu zeigen, wie lebendig wir selbst noch sind.“

(Auszug aus „If The Kids are United“: Martin Büsser: 144)

Von einer Idee, die nicht Tot zu kriegen ist. Was sich im Einzelnen dahinter verbirgt, darüber sind tausende Songs, unzählige Artikel und zahlreiche Bücher geschrieben worden. Die Wissenschaft, meist Sozial- oder Kulturwissenschaftler, haben sich mit dem Phänomen beschäftigt. Ebenso haben die Massenmedien, wie es nun mal ihrer Verfahrensweise entspricht, dies alles in kleine Häppchen verpackt und eine Kulturform in das für sie wesentliche verpackt. Unzweifelhaft gibt es ein Unbehagen in der Moderne, die sich weltweit in verschiedenen Subkulturen und Strömungen ausdrückt. Hardcore/ Punk ist gesellschaftlich durchaus etablierte Ausdrucksform des Protests geworden. Die Symboliken dieser Bewegung, wenn man bei der enormen Differenzierung in Subgenres überhaupt noch von einer Bewegung sprechen kann, haben sich soweit etabliert, dass sie auch ausserhalb ihres eigenen Mikro- kosmos Anwendung finden. Der Begriff EMO wurde neubesetzt, ehemals typische Szene-Frisuren wie der Iro, werden jetzt in der breiten Öffentlichkeit als modisches Must-Have des rebellischen Jungmannes akzeptiert (siehe Sascha Lobo, David Beckham) akzeptiert. Das Tragen von Buttons, Aufnähern, Körperschmuck und Tätowierungen sind längst im Mainstream angelangt, werden aus ihrem Kontext gelöst, adaptiert und umgedeutet (siehe Nationale Autonome).

Einerseits lässt sich eine zunehmende internen Differenzierung der Hardcore/ Punk-Szene, die sich, wie alle etablierten Szenen gewissen Symboliken bedient, verzeichnen. Andererseits werden diese Symbole von der Außenwelt aufgegriffen, in verschiedene neue Kontexte gesetzt. Dabei werden meist sämtliche semantische Wurzeln gekappt und die Symbole austauschbar und für sämtliche Inhalte verwendbar gemacht.

Auch wenn Einige von Ausverkauf sprechen: Es ist nur realistisch anzunehmen, dass jegliche kulturelle Ausdrucksform in kapitalistisch organisierten, westlichen Demokratien aus ihrem Kontext gelöst, integriert und vermarktet werden kann, wenn sie sich einmal etabliert hat (siehe Beat-Musik, Metal, Rap, Elektro). Da macht auch Hardcore/ Punk keinen Unterschied. Dies bedeutet aber nicht, dass der d.i.y- Gedanke nicht mehr existiert, es keine engagierten, politischen Bands mehr gibt. In diesem Sinne bleibt es wohl jedem selbst überlassen, was jeder Einzelne daraus macht. Wenn man sich so umschaut gibt es doch Anlass zur Hoffnung, dass die Inhalte, die Musik und auch Symbole, die uns einmal so fasziniert haben und noch immer faszinieren noch Relevanz besitzen. Für mich gilt das zumindest. Ich habe das Gefühl, dass d.i.y- Hardcore/ Punk nicht totzukriegen ist. Der Sound hat sich vielleicht geändert, wird sich weiter verändern. Leute kommen und gehen, wenden sich anderen Musikrichtungen, anderen kulturellen Formen zu. Aber ich hoffe, ganz persönlich, dass etwas bleiben könnte, das mich an dieser Musik begeistert hat oder immer noch begeistert. Es ist eben mehr als „nur“ Musik.

jv

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