Dienstag, 26. März 2013

Kaffeeklatsch mit Amber

Amber haben innerhalb kürzester Zeit einige Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ihr Post-Hardcore/Metal im Stil von Cult of Luna hat über verschiedene Blogs den Weg über den großen Teich gefunden. Zu Recht! Amber machen großartige Musik. Ich kenne Anna (Stimme) noch über ihre alte Gießener Band und hab mich auf den Weg nach Marburg gemacht, um mich mit ihr und Jussi (Schlagzeuger + Songschreiber) zu unterhalten. Nachdem mein Navi kollabierte und mein Scheibenwischer bei eisiger Witterung vor sich bröckelte kam ich ziemlich verspätet in Marburg an. Zu dritt begaben wir uns dann in ein erstklassiges Biedermann-Café nicht unweit des Schlossbergs.  Ende April kommt die neue Amber EP namens "Lovesaken" über Halo of Flies (US), Narshada (D) und Protagonist Music (US)! EMPFEHLUNG!


UtopiaNow: Wollen wir anfangen oder erstmal auf den Kuchen warten?

Anna: Nö, von mir aus können wir anfangen.

UtopiaNow: Wo sitzen wir hier gerade und seid ihr öfter hier?

Jussi: Also ich bin zum ersten Mal hier (lacht).

Anna: Also ich so sitzend auch (hehe). Wir sind hier im Kaffee Klingelhöfer in Marburg ich würde sagen klassischer...

Jussi: Oma-Treff! (Gelächter)


Anna: Klassischer Oma-Treff, ja – mit leckerem Kuchen auf jeden Fall! Traditionshaus!

UtopiaNow: Wohnt ihr beide in Marburg? Wie lässt es sich hier so leben?

Jussi: Jup

Anna: ja

UtopiaNow: Was hat euch hierhin verschlagen?

Jussi Ich studier hier, seit 4 ½ Jahren und komme auch hier aus der Gegend.

Anna: Ich bin zurückgekommen, wegen meines Jobs. Ich bin im Außendienst und habe Marburg als Stützpunkt und fahre von hier aus in alle Richtungen.

UtopiaNo: Du warst vorher in verschiedenen anderen Städten, um da dein Glück zu versuchen?!

Anna: Genau,.. nee (lacht) Alle anderen Städte Siegen, Düsseldorf, Stuttgart waren Studien- beziehungsweise Praxissemester vor der Diplomarbeit. Und das ist jetzt mein erster Job danach und meine erste Stadt danach. Ich hab Medizintechnik studiert und bin jetzt im Außendienst für Herzschrittmacher und implantierbare Defibrillatoren. Also ich fahr jeden Tag

>>> Der Kuchen wird serviert. Dazu gibt es Kaffe und einen geschwungen Löffel, der sich durch sein innovatives Design selbst an der Tasse hält. Holy Moly!>>>


Jussi: Ich studier Lehramt .. In Marburg gibt’s das nur auf Gymnasium. Als Student hat man da viel Zeit um Musik zu machen (lacht). Geht schon.

(…)

UtopiaNow: Drehen wir die Zeit zurück... (Achtung journalistischer Kunstgriff): Wie seid ihr mit dieser Art von Musik in Berührung gekommen?

Anna: Ich fange mal so 'rum an.. im Grunde hat jeder aus der Band schon irgendwelche musikalischen Vorgeschichten. Man entwickelt sich ja auch immer weiter. Für mich persönlich ist Amber, genau die Art von Musik, die ich schon immer machen wollte, die ich auch schon sehr lange höre. Es ging immer wieder in diese Richtung zurück.
Es gab bei mir auch so verschiedene Phasen, mal mehr Metal, Straight-Edge Hardcore, so Geballer, vertrackter Kram, New School, aber es ging immer wieder zurück zu dieser Art von Musik. Momentan gibt es, glaube ich, sehr viel mehr Bands in diesem Genre als in den letzten Jahren.

Jussi und ich haben uns getroffen, als Jussi bei meiner alten Band (Out for a Kill) als Gitarrist vorgespielt hat. Das ist dann aber nichts geworden und dann haben wir uns auch ewig nicht gesehen. Und als ich dann zurückgekommen bin nach Marburg da haben wir uns zufällig auf einer Electro-Party getroffen. Ich wusste, er hat noch irgendein Projekt am Start und da habe ich ihn darauf angesprochen und so hat das angefangen.




Jussi: Gestartet ist das Ganze als Homerecording-Projekt von mir. Ich hab zu Hause die Drums programmiert, Bass und Gitarre eingespielt und aufgenommen, damals noch ohne Gesang. Das war schon 2008. Da habe ich die ersten Sachen geschrieben. Da hatte ich aber noch keine Intention das jemals Live zu machen. Das war alles Just For Fun. Da hatte ich insgesamt so vier, fünf Songs aufgenommen. Und das hab ich Anna vorgespielt. Als sie dann Bock darauf hatte, darüber zu singen, erst da wurde es konkreter. Und wir haben uns Leute gesucht und wollten dann auch tatsächlich mal live spielen. Wir haben dann zusammen überlegt, mit wem können wir das zusammen aufziehen. Mein Cousin, der Bronco, war dann sofort am Start und dann haben wir die Anderen mit an Bord geholt.





...schleppenderrrrr Kram....

UtopiaNow: Diese Art von Musik.. dieser schleppende Kram: Könnt ihr zum Ausdruck bringen, was euch daran so reizt?

Anna: Whoo..(lacht)... das ist schwierig.. Ich glaube was mich daran anfixt sind mehr die Live-Bedingungen, also mir so ein Konzert anzuschauen. Das ist die Musik, die mich am Meisten mitnehmen kann. Und die Musik ... danach fühlt man sich, wie soll ich denn das ausdrücken.. das ist die Musik, die mein Herz berührt (lacht). Das ist am Intensivsten würde ich sagen.

Jussi: Bei mir ist es eher diese musikalische Schiene. Das hört man bei unseren ersten Songs sehr gut, dieses Wechselspiel aus ruhigen und brachialen Parts.. bei schleppender Musik, da kriegst du das sehr gut rübergebracht. Das ist ja bei vielen Bands, dieses laut und leise Schema. Und das ist etwas, wenn man das gut hinbekommt und es nicht ausgelutscht wirkt, dann ist dieser Effekt sehr geil bei jedem Part.

Anna: Jussi wird auch mitgenommen...(lacht).

Jussi: (grinst) .. wobei ich da gar nicht so ein Live-Gänger bin. Auf Platte, solche Musik zuHause oder im Auto.. und die Anlage voll aufdrehen, das ist schon genial!

Anna: Bei mir ist es so.. erst Live, dann Auto, dann zu Hause (lacht)

(...)

UtopiaNow: Wie schreib ihr eure Musik? Wie entstehen eure Songs?

Jussi: Die Stücke entstehen hauptsächlich bei uns zu Hause. Der Schreibprozess hat sich im Grunde genommen von diesem Homerecording-Projekt gar nicht viel gewandelt. Ich wohne mittlerweile mit unserem Lead-Gitarristen Bronco zusammen in einer WG. Und da entsteht das Meiste. Er schreibt was, ich schreib' was, teilweise auf der Couch mit der Akkustik-Gitarre.. Oder wir probieren es dann direkt aus. Wir haben auch Amps und Effekt-Boards zu Hause. Das ist zwar nicht Band-Arbeit dann in dem klassischen Sinne... bei uns gibt es im Prinzip gar keine Jam-Sessions, wie es das bei anderen Bands manchmal gibt. Allerdings finde ich auch, werden die Lieder auch so komplex, dass du jemanden brauchst, der sagt, ok ich hab' mir das und das überlegt an dem Punkt: Dort gibt es jetzt einen Taktwechsel oder nen Break. Die Arbeit hat sich halt so bewährt.

UtopiaNow: Ungewöhnlich, dass du einen Großteil der Songs schreibst, aber Schlagzeug spielst...

Anna: Ein Multi-Instrumentalist!

Jussi: Ich bin eigentlich Gitarrist. Ich hätte am Anfang, als wir die Band gegründet haben gerne Gitarre gespielt, aber in Ermangelung eines Schlagzeugers habe ich dann gedacht, ok dann spiele ich halt Schlagzeug. Gitarristen gibt es einfach öfter als Schlagzeuger. Das ist leider so.

Anna: Für mich war der Jussi am Anfang eigentlich auch eher Gitarrist. Für mich war es auch total komisch, dass er da am Schlagzeug sitzt.

Jussi: Jetzt funktioniert es so ganz gut. Ich hab' mich ganz gut reingefuchst in die Rolle. Und beim Songwriting bin ich eben noch sehr involviert. Ganz oft hat man es ja so, wenn der Basser oder der Drummer Songs abmischen oder schreiben sind diese Instrumente so im Vordergrund. Das kann man dadurch ganz gut vermeiden, dass ich primär eigentlich Schlagzeug spiele.

UtopiaNow: Anna, welche Rolle, oder welche Funktion haben die Texte für dich? Ist das ein Hintergrund um Musik zu machen?

Anna: Die sind schon persönlich, stehen aber inhaltlich gar nicht so im Fokus. Es ist vielleicht gut, dass es Bands mit persönlichen Texte gibt, weil man sieht, ah die haben auch so ihre Probleme, irgendwelche Sachen, die sie beschäftigen. Mir persönlich würde es auch schwerfallen irgendwelche politischen Texte zu schreiben. Ich glaube, das würde auch nicht funktionieren. Ich will mich da auch gar nicht hinstellen und irgendwelchen Leuten irgendwas.. das muss gar nicht so eine krasse Aussage haben. Eher so, dass es den Leuten leichter fällt, in diesen Song insgesamt hereinzufühlen.

Hat es Geschmeckt? "Ja, Danke" (Anna) - Klimper, Klirr- Abgang der leergeputzten Kuchenteller. "Darf ich Ihnen noch etwas bringen?" Haben Sie was gegen Augenkrebs? (in Gedanken)...

Anna: Vor allen Dingen ist diese Musik für mich eine Gefühlssache. Und deswegen sind die Texte auch eher so eine Gefühlssache.

... die Frau am Mikrofon...

UtopiaNow: Ich habe in einem Blog gelesen, das Besondere an Amber sei die Frau am Mikrofon. In Bezug auf die Musik wurden ansonsten die üblichen Genregrößen genannt. Wie findest du so nen Statement?

Anna: Scheiße! Ich will eigentlich gar nicht den Frauen-Bonus haben. Ich bin froh, wenn mich jemand gleichstellt mit Männern. Natürlich.. ich kann es dem Rezensenten nicht verdenken, weil es schon was Anderes ist... gerade auf der Bühne nochmal auffälliger, so wow, da singt ja eine Frau. Aber eigentlich will ich nicht diesen Frauen-Bonus haben, weil ich singe genauso wie jeder andere Typ auch. Ich glaube ich muss jetzt nicht denken, dass ich irgendwas anders mache. Ich will ja für mein Können bewertet werden und nicht für mein Geschlecht. Andererseits ist es ja so, dass einem der Frauen-Bonus manchmal weiterhilft, das darf man nicht vergessen.. schwierig.

Jussi: Wir nutzen das nicht aus, aber man merkt es bei fast jeder Band, die eine Frontfrau oder generell Frauen im Line-Up. Das wird immer als Besonderheit hervorgehoben.

UtopiaNow: Das findet man dann auch oft auf Flyern: female fronted hardcore oder so...

Anna: Die Frage ist auch eigentlich warum?! In anderen Musikrichtungen gibt es auch genug Frauen... oder andere Musikrichtungen sind ja sogar Frauen-dominiert..

Jussi: Es ist so eine Art Exoten-Bonus in diesem Genre. Und dann auch noch Frauen, die schreien, das gibt es noch viel weniger. Das bedeutet dann einen Ticken mehr Aufmerksamkeit. Man kommt gar nicht, drumherum. Wir nutzen das nicht aus. Wir schreiben nicht auf unsere Flyer drauf Amber female-fronted posthardcore ..

Anna: Will ich ja auch gar nicht! Ich will ja, dass wir wegen unserer Musik gemocht werden. Und nicht weil ich jetzt dummerweise nen Mädel bin (lacht).

UtopiaNow: Habt ihr die Tour auch selbst gebucht?

Anna: Wir haben versucht die selbst zu buchen, aber wir sind scheinbar noch so unbekannt, dass es nicht so funktionier hat. Wir haben so ein bisschen Vitamin B, aber nicht genug, als dass wir die Tour hätten vollbekommen. Ich persönlich hab auch das Gefühl, dass uns auch noch gar nicht genug Leute kennen, dass wir so viel spielen können. Das war harte Arbeit. Letztlich hat jetzt André von Narshada Records die gesamte Tour gebucht. Richtig cool!

Jussi: Der glaub an uns! Wir hatten zuerst dieses amerikanische Label, Halo of Flies Records von Corey, und dann ging es darum ein neues Album und dann ging es darum auch ein europäisches Label für nen Co-Release zu finden. Und dann haben wir rumgefragt und André hatte sofort Bock.

Anna: Ende April kommt die neue EP, die wir im Dezember aufgenommen haben. Wir sind gerade in der Mische.

Jussi: Wir warten noch auf die letzten Mixes vom Studio und dann geht es in die Pressung. Ohne den André wäre das im Prinzip alles gar nicht so möglich! Gerade bei den Shows. Auch die Ganze Labelarbeit und die Shows, die erste Pressung, das sind direkt 700 Stück. Alleine hätten wir das niemals stemmen können, alleine finanziell. Auch das Tape-Release ist ja über Corey und Andre gelaufen. Die haben da beide Bock drauf und das ist auf jeden Fall cool! Ein tolles Gefühl, wenn man so unterstützt wird.

UtopiaNow: In welche Richtung geht denn das neue Material?

Jussi: Es ist auf jeden Fall melodischer geworden. Für die erste EP haben wir ja noch viel von dem Material verwendet, dass ich alleine geschrieben habe. Bei den neuen Sachen habe ich viel mit dem Bronco zusammen gemacht. Da sind auch Songs komplett von ihm gekommen. Das hört man schon. Man hört auch, Bronco hat vorher in einer Trash-Metal-Band gespielt, und er ist dann erst durch Amber im großen Stil mit dieser Art von Musik in Kontakt gekommen. Ich finde man hört das auch, dass das Songwriting dadurch beeinflusst worden ist. Es ist nicht mehr ganz so....

Anna: Nicht mehr ganz so düster..

Jussi: Nicht mehr ganz so sludge mäßig, nicht mehr ganz so schleppend. Es klingt aber weiterhin nach Amber und auch nach einer Weiterentwicklung einer Band. So soll es auch glaube ich sein. Wir haben uns zwar am Anfang gedacht, scheiße jetzt klingt das nicht mehr so wie die EP, ganz so sludgig klingt es nicht mehr.. egal so muss es auch irgendwie sein.

UtopiaNow: Da bin ich gespannt..

Anna: Wir auch, was die Welt dazu sagt.

UtopiaNow: So.. jetzt noch Fotos machen und dann schnell rauslaufen ohne zu bezahlen (Gelächter)

Anna: ...als ich neun war, nee oder noch jünger.. als ich sieben war, da waren wir an der Ostsee. Wir waren immer mit zwei Familien im Urlaub. Insgesamt waren wir neun Leute. Und in meiner Erinnerung haben wir immer ewig lange Fahrradtouren gemacht. 

Und dann sind wir immer in irgendwelchen Restaurants gelandet. Und dann waren wir in 'ner Pizzeria und dann hat Vaddern irgendwann gesagt, hier wir gehen heute ohne zu bezahlen und du gehst als erstes! Aber nicht auffällig, sondern rausschleichen (grinst). Und ich hab mich rausgeschlichen und hatte so ein schlechtes Gewissen. Und ich dachte ohhhh..dann sind nach und nach die Kinder rausgekommen und mein Vater hat uns total verarscht! Irgendwann als ich erwachsen war, hab ich dann mal gefragt, habt ihr damals eigentlich bezahlt? Das hat mir so ein schlechtes Gewissen bereitet! Immer wenn jemand sagt, lass uns schnell gehen ohne zu bezahlen, dann denke ich immer daran! (lacht).Das war noch der Schwank aus meiner Jugend.

UtopiaNow: In welchem Alter hast du nachgefragt?

Anna: Ich glaube so mit Mitte Zwanzig ist mir das mal in den Sinn gekommen (lacht). Haben wir eigentlich wirklich bezahlt.

UtopiaNow: Und du hast dich all die Jahre gequält …

Anna: Lacht.. das war ein Trauma, dass das wirklich so in meinem Kopf geblieben ist.

UtopiaNow: Danke für das Interview, Kaffee und Kuchen!

Das komplette Interview lest ihr in der dritte Ausgabe vom UtopiaNow Zine!


Donnerstag, 7. Februar 2013


UtopiaNow Zine Issue III ...
Bevor eine Massenpanik ausbricht: Es wird weitergehen!

Ihr müsst euch noch gedulden. Spätestens im Sommer 2013 wird die dritte Ausgabe erscheinen. Es gibt im Moment einfach so viel anderen Kram, der zu tun ist. Da leidet das Fanzine.

An dieser Stelle auch nochmal der Aufruf: Wer etwas beisteuern möchte meldet sich bitte!

Wilkommen sind Essays, Tourberichte, Interviews,  Fotos, Reviews... Nachricht an: lebensreform@googlemail.com

jv

Dienstag, 27. November 2012


 NY Style made in LE!

Coldburn aus Leipzig machen einen Sound der in der guten NY-HC Tradition der 80er und 90er Jahre steht. Live wie auf Platte ist die Band auf jeden Fall eine Macht! Diesen Sommer haben Coldburn ihre erste LP namens "The Harsh Fangs of Life" veröffentlicht.
Gerade sind sie auf Tour. Schaut sie euch an!
In der dritten Ausgabe vom UtopianowZine gibt es dann das komplette Interview mit Johannes, dem Mann am Mic.




Hier ein kurzer Auszug

UtopiaNow: Euer Sound steht in der Tradition von Bands wie den Cro-Mags oder Leeway. Wie kam es dazu, dass ihr euch zusammengefunden habt und ausgerechnet diesen Sound macht?

Johannes: Wir haben uns eigentlich eher ungeplant zusammengefunden. Entstanden ist die Band aus einer Jam-Session unseres Gitarristen Florus und unseres Schlagzeugers Jonas am Ende des Jahres 2009. Mit der Zeit wurde daraus dann allerdings eine "ernstere" Angelegenheit. Über diverse Bekanntschaften hat sich doch ziemlich schnell das ursprüngliche Line-up entwickelt. Mit der Demo und der darauffolgenden 7'' Hybris nahm das ganze in den folgenden Monaten Gestalt an. Bis zum heutigen Zeitpunkt gab es einige winzige Besetzungswechsel doch der Großteil stammt noch aus dem Ursprung.
Ich denke der Sound den du beschreibst entsteht bei uns eher Intuitiv.
Wir haben uns nie wirklich hingesetzt und überlegt welchem Sound das ganze denn ähneln soll. Sicherlich hat es viel damit zutun mit welcher Musik wir uns hauptsächlich befassen - welche Bands wir hören.
Der NY Sound ist da sicherlich naheliegend und ich freue mich immer wieder über solche Vergleiche.
Der Hardcore, die Stadt und die dortigen Entwicklungen & Einflüsse haben uns bestimmt irgendwie in unseren Kinderschuhen beeinflusst - auch Bands wie Madball und Agnostic Front zählen dazu.

 

UtopiaNow: Was hat sich für euch mit der LP „The Harsh Fangs Of Life“ verändert?

Johannes: Verändert hat sich, dass wir die Platte mit einem neuen Bassisten geschrieben haben. Nachdem Simon die Band im Sommer 2011 verlassen hatte fanden wir mit JJ einen guten Freund und unseren neuen Bassisten. Das hatte schon auch einen Einfluss auf den Sound. Man kann also davon sprechen, dass wir es auf der LP "THFOL" mit einem leicht anderen Sound und auch Songwriting zutun haben. Die Songs sind etwas grooviger geworden und der, auf der 7'' noch sehr stark zu hörende, Metal Einfluss ist etwas mehr in den Hintergrund gerückt.
Zurückblickend kann man außerdem noch festhalten, dass wir den für uns wichtigen Punkt - der 7'' eine LP anschließen zu lassen - verwirklicht haben. Das freut uns und wir sind in sofern ein wenig stolz auf die Platte als das wir hoffen, durch sie ein paar alte und neue Leute inspirieren können.
Ansonsten sind die Umstände recht gleichbleibend. Wir spielen so viele Live Shows wie wir nur können und freuen uns über jeden gefahrenen Kilometer mit dem Van.



UtopiaNow: Dieses Statement Hardcore/Punk sei „mehr als Musik“? Was bedeutet euch diese Musik? Was unterscheidet diese Musik und Szene von anderen Subkulturen?

Johannes: Hardcore ist für mich allemal mehr als Musik und das werde ich mir von keinem streitig machen lassen. Kurz gesagt bedeutet mir diese Musik alles. Ich bin damit aufgewachsen und sie hat mich ganz einfach zu der Person geformt die ich heute bin. Musik ist unweigerlich Identitätsformend. Die Identität die Hardcore für mich schafft ist eine realitätsnahe, energiegeladene, weltoffene aber doch sehr direkte und ehrliche, respektvolle und wertschätzende Identität. Immer auf der Suche nach dem neuen, inspirierend und trotz alledem mit den Wurzeln im Hinterkopf. 

Natürlich gibt es einen Part des Ganzen der es vielleicht nicht danach aussehen lässt, der eher Profitorientiert und schnelllebig agiert. Große Touren & Bands die den Kids ein bestimmtes Image verkaufen wollen. Ein Image welches man sich schnell aneignen oder gar "anziehen" kann. Doch das ist nicht die Community von der ich rede. Ich rede von einer Community in der man so sein kann wie man das gern hätte und trotzdem integriert wird. Integriert in eine Gemeinschaft in der noch andere Werte eine Rolle spielen: Respekt, Freundschaft, Aufgeschlossenheit und Aufrichtigkeit. Ich denke das unterscheidet Hardcore schon noch sehr von anderen Subkulturen. Man hat hier die Chance sich in jeder Form einzubringen wenn man nur will. Nur dieses Einbringen hält diese Subkultur am Leben. Selbst wenn es manchmal augenscheinlich nur noch der kleinere Teil ist von dem ich hier Spreche - das ist dieser Teil in dem ich mich zuhause fühle.

Um mit den Worten von Reaper Records zu sprechen: "We are community not commodity"
Damit schließe ich für mich andere Musikstile natürlich keinesfalls aus - im Großen und ganzen ist es Musik überhaupt die einen sehr großen Anteil in meinem Leben einnimmt.

(...)

 
UtopiaNow: Sind eure Wertvorstellung und eure Haltung aus der HC/Punk-Sozialisation schon mal mit Anforderungen des Lebens (Job, Freundschaften, Beziehungen, Familie...) in Konflikt geraten? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dies vor allem passiert, wenn man älter wird und sich nicht mehr in der Schutzzone Schule/ Ausbildung / Studium befindet. Wenn die Jugendzeit hinter einem liegt..

Johannes: "Viele Leute vergessen wie es war als sie 16 waren wenn sie 17 geworden sind". Das meine ich hier nur metaphorisch aber das ist ein großes Problem finde ich.
Natürlich gibt es von mal zu mal ein paar praktische oder pragmatische Konflikte die im Bezug auf das was neben der HC/Punk Sozialisation läuft auftreten. Die Wichtigkeit des Ganzen für uns alle habe ich aber denke ich schon ganz gut dargestellt. Es gilt einfach manchmal auch auf der anderen Seite Abstriche zu machen. Man sollte sich die Jugendzeit und vor allem die Ideale und Werte die einem aus dieser entspringen immer heilig halten und versuchen sie nie zu vergessen. Dann ist es möglich alles unter einen Hut zu bekommen. Natürlich gibt es sicherlich auch manchmal scheiß Tage, Wochen oder Monate in denen man zweifelt oder verzweifelt. Doch dann sind es eben oft auch Freunde, Familie, Beziehungen oder eben die HC/Punk Sozialisation die einen dort wieder rausholen. Insofern gehört irgendwie auch alles zusammen.

(...)

UtopiaNow: Was dreht sich gerade bei euch auf dem Plattenteller?

Johannes: Das ist bei uns wirklich ganz unterschiedlich. Durch die Bank weg viel Hardcore, Metal, Punk, Poppunk, Hip Hop. Auch Pop. Oh Mann, wir hören alle viel Musik. Wir singen im Van zu Tegan and Sara.
Im Moment höre ich viel Twitching Tongues, Title Fight, Gaslight Anthem und komme nicht mehr von Ryan Bingham weg.

 Testosteron-Typen im Wifebeater, Kickbox-Action aus Hintertupfingen, Rapvideos  und sg. "Tougy Guys".. darum dreht sich das weitere Gespräch. Das komplette Interview gibt es in der dritten gedruckten Ausgabe des UtopiaNow Zines (Februar 2013)!





Montag, 19. November 2012

Hardcore im Gewölbekeller: Deaf Row Fest in Plauen

Hardcore im Gewölbekeller: Deaf Row Fest in Plauen
17. November 2012 Plauen
Samstagnachmittag ging es los. Babak war aus Bielefeld angereist und von Erfurt aus starteten wir in Richtung Plauen. Die Autodichte nahm ab, die Baumdichte nahm zu und schon waren wir mitten im Vogtland. Nachdem wir zahlreiche Umleitungen mehr oder weniger geschickt hinter uns gelassen hatten kamen wir in die „Kulturstadt des Vogtlandes“. Ich hatte mir Plauen kleiner vorgestellt. Schnell eingecheckt im Hostel unseres Vertrauens und los ging es Richtung Malzhaus.

Pünktlich um 17.00 Uhr startete das kleine aber feine Festival in einem schicken Gewölbekeller. Hardcore findet hier gewöhnlich nicht statt.  Der Laden war groß genug, dass man sich nicht auf den Füßen stand, es gab 'ne schicke Theke, Sitzecken und ausreichend Platz für die Plattenkisten. Das Malzhaus bot eine willkommene Abwechslung zu den A(J)Zs der Republik.

Nach der ersten Stärkung machten wir uns daran unseren kleinen Fanzine-Distro aufzubauen. Es war wieder mal schön zu sehen, dass gedruckte Fanzines immer noch auf Interesse stoßen. Man kommt miteinander ins Gespräch und tauscht sich aus. Hat hier auch wieder funktioniert.

Deathrite



Die Bands waren durch die Bank gut. Obwohl Veranstalter Adrian mit zahlreichen Absagen umgehen musste, z. B. Von Planks und Lara Korona, war ein anständiges Line-Up am Start.
Vyst aus Leipzig spielten leider ihre wohl vorerst letzte Show. Aber Throwers, die andere Band von Vyst Schlagzeuger Gabo, geht ebenfalls ordentlich nach vorne. Enorm wuchtiger und düsterer Hardcore. Da fällt der Abschied von Vyst nicht mehr ganz so schwer. Lentic Waters aus dem Raum Münster fand ich auch absolut beeindruckend. Kann ich nur empfehlen. Druckvoller düsterer Hardcore mit 'ner ordentlichen Kante His Hero is Gone. Kreis spielten ein sphärisches Set, dass eine willkommene Abwechslung bot und auch als Verschnaufpause funktionierte. Ambient oder Postrock könnte man die Sound-Landschaften nennen. Jungbluth, die Alpinist Nachfolgeband, prügelten sich durch ihr Set, dass es eine wahre Freude wahr. Knüppel aus dem Sack hieß es dann auch bei Deathrite aus Dresden. Die hatte ich zuvor schon beim letzten Fluff in einem winzigen Zelt gesehen. An diesem Abend jedoch mit deutlich besserem Sound und ohne Stromausfälle. Eine fette Mixtur aus Black Metal, Grindcore abgeschmeckt mit einer leichten Hardcore Note. Als letzte Band des Abends, im Anschluss an Patsy O Hara aus Bielefeld, spielten dann Trainwreck aus Aachen. Immer wieder unglaublich gut dieses Band. Für mich gibt es nur wenige deutsche Bands, die so intensive Shows spielen. Es hagelte Stagedives und das Publikum war trotz der fortgeschrittenen Stunde gut dabei. Besonders hervorzuheben ist, dass während des Abends viele Mädels vor der Bühne abgingen und alle Beteiligten respektvoll miteinander umgingen und einfach nur 'ne gute Zeit hatten. Es war definitiv ein toller Abend in Plauen. Ein dickes Daumen hoch an Adrian und die anderen im Team. Einziges Manko: Das Essen war schon recht schnell weggefuttert. Ich hoffe, dass es im nächsten Jahr wieder ein Deafrow Fest geben wird!

Patsy O Hara

 Deathrite


Patsy O Hara

 Axes

jan
Fotos: Babak
Nachwort
Der nächste Morgen wurde uns durch eine snobistische Horde Rotarier-Kids verhagelt. Mit einem mittelschweren Kater im Gepäck schleppten wir uns an das Frühstücksbuffet im Hostel. Während wir uns dem lauwarmen Kaffee hingaben lauschten wir, wie sich die Teenies über Papas neuen SLK unterhielten und was denn für Auslandsprojekte anstehen würden. Die Gelegenheit sich das Frühstück nochmal durch den Kopf gehen zu lassen. Wir schafften es jedenfalls irgendwann wieder auf die Autobahn (verdammte Umleitung!).

Dienstag, 10. Juli 2012

Alexandra von Bolz'n mit ihrem ersten Soloprojekt!

Alexandra von Bolz'n mit ihrem ersten Soloprojekt!


Seit 15 Jahren ist sie in wichtigen Bands wie Kimusawea, Bolz'n und jetzt mit der Sludge Band Crowskin aus Potsdam im d.i.y. Untergrund unterwegs. Der Gesang von Alexandra von Bolz'n ist stets ausdrucksstark. Die Musik ist oftmals sehr experimenteller Natur und erfordert einen aufmerksamen, leidenschaftlichen Zuhörer.

Alexandra von Bolz'n verbindet auf >Schnitt< verschiedene Versatzstücke ihres bisherigen Schaffens. Deutlich ist der Bolz'n Einschlag zu erkennen. Dieser ohnehin schwer verdauliche Klumpen wurde durch den Electro-Mixer gedreht und blutet nun sein schwarzes Inneres nach Außen. An der Grenze des Hörbaren stürmt das halbstündige Extremhörspiel auf den Zuhörer ein. Ein abgründiger Trip. Dazu malt sich jeder seine eigenen Bilder.

Blast-Beats, Gitarre und Bass, Grindcore der alten Schule, geht eine Symbiose mit computerprogrammiertem Drumming und elektronischen Soundfetzen ein. Und immer wieder taucht ein hochfrequentes Fiepen auf, das mich an einen kleinen, spitzen Bohrer denken lässt,der zu einem medizinischen Instrument gehört. Langsam dann immer schneller, leise dann immer lauter--- schrill höre ich es surren.

Nach neun Minuten wimmern, schreien und klagen - neun Minuten, die einer Behandlung am offenen Nerv gleichkommen laden elektronische Beats a la Aphex Twin zum Tanz. Die Anspannung löst sich langsam auf. Aber ein mulmiges Gefühl bleibt. Bis der Bohrer wieder zum Einsatz kommt. Streicher und scheinbar aus Kinderliedern entsprungene Abzählreime verbreiten eine morbide Stimmung, die mir eine wohlige Gänsehaut verpassen. Nach dem Wahnsinn und der anschließenden Sedierung wird wieder getanzt. Immer weiter getanzt. Als gäbe es kein zurück. Nur die Möglichkeit diese Arbeit an den freigelegten Nervenenden irgendwie zu überstehen.

Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so aufmerksam Musik gehört habe. Und wann es das letzte Mal musikalisch so viel zu entdecken gab innerhalb von 30 Minuten. Wer sich den Luxus leisten möchte und Musik auch abseits von gängigen Hörgewohnheiten erleben kann, dem sei diese EP ans Herz gelegt.

>Schnitt< ist als kostenloser Download über AfrontDigital erhältlich und wird ebenfalls als CD veröffentlicht. http://affrontdigital.bandcamp.com/album/ad-2-schnitt

Alexandra von Bolz'n

Dienstag, 5. Juni 2012

UtopiaNow Zine Review im Trust

.. ich freu mir nen Ast.. .. in Kürze findet ihr noch einige Updates.. und das FLuff steht vor der Tür! Ausgabe Nummer 3 ist für den Winter angepeilt. jan